Wechselrichter: Leistungselektronik für eine saubere Energieversorgung

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Praktisch alle modernen Energieversorgungsnetze arbeiten mit Wechselstrom, und das aus gutem Grund. Man kann ihn mit Hilfe von Synchrongeneratoren einfach erzeugen. Man kann ihn problemlos über große Strecken übertragen, denn Wechselspannung lässt sich sehr einfach auf andere Niveaus transformieren. Außerdem können elektrische Verbraucher einfach, weil verpolungssicher angeschlossen werden. Doch auch Gleichstrom spielt nach wie vor eine wichtige Rolle: Nicht nur Straßenbahnen und Akkuladegeräte, so gut wie alle elektronischen Schaltungen benötigen ihn zum Betrieb. Batterien, Brennstoff- und Solarzellen liefern ausschließlich Gleichstrom. Verständlicherweise sind Gleich- und Wechselrichter als Bindeglied zwischen den beiden Stromsystemen von großer praktischer Bedeutung. Gleichrichter finden sich in beinahe jedem Steckernetzteil, doch auch Wechselrichter sind weit verbreitet: Ob zum Betrieb von handelsüblichen 230V-Geräten im Auto, in unterbrechungsfreien Stromversorgungen oder für die Nutzung erneuerbarer Energien - Anwendungen für Wechselrichter gibt es jede Menge. Die Einspeisung von umweltverträglich erzeugtem Strom in das Versorgungsnetz hat sich dabei zu einem Schwerpunkt der Wechselrichtertechnik entwickelt. Bei den meisten Windkraftwerken[1] und ausnahmslos allen Photovoltaik-Anlagen ist der Wechselrichter die Schnittstelle zum Versorgungsnetz - bei PV-Anlagen das zentrale Element. Er ist nicht nur verantwortlich für die möglichst vollständige Umwandlung des Gleichstroms in Wechselstrom, sondern sorgt erst für den Betrieb der Solarzelle im optimalen Betriebspunkt, überwacht das Netz und die Leistung der PV-Anlage. Auch die Dimensionen sind beeindruckend: Allein in Deutschland waren Ende 2008 PV-Wechselrichter mit über fünf Gigawatt Leistung am Netz - Tendenz weiter steigend.

[1] Moderne Windenergieanlagen arbeiten meist mit einem Gleichstromzwischenkreis, um trotz unterschiedlicher Drehzahlen mit konstanter (Netz-)Frequenz einzuspeisen

Unterscheidungskriterien

Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal von Wechselrichtern ist die Form und Qualität des Ausgangssignals, also der zeitliche Verlauf der Wechselspannung. Dieser entspricht üblicher Weise der Sinusfunktion - genau wie der Spannungsverlauf, den ein Synchrongenerator erzeugt. Auch die auf der komplexen Wechselstromrechnung basierenden Modelle und Ersatzschaltbilder setzen harmonische, d.h. sinusförmige Spannungsverläufe einer Frequenz voraus und haben sich für die Dimensionierung von Wechselstromschaltungen bewährt. Rein mechanisch arbeitende Kontaktwechselrichter erzeugen lediglich eine Rechteckspannung, die sich bestenfalls zum Betrieb einfacher Verbraucher (z. B. Glühbirnen) eignet. Moderne elektronische Wechselrichter liefern hingegen eine saubere, exakt sinusförmige Ausgangsspannung, die sich nicht von der eines Synchrongenerators unterscheidet. Entscheidend für die Güte des Wechselrichters ist natürlich auch der Wirkungsgrad, mit der die Stromumwandlung erfolgt. Die wichtige Frage ist: Wie viel von dem hineingesteckten Gleichstrom kommt auf der anderen Seite als Wechselstrom heraus? Die besten Geräte erreichen hier Wirkungsgrade von über 98 Prozent und liegen damit schon nahe an der Grenze des physikalisch Machbaren.
Ein weiteres Kriterium betrifft die Betriebsweise: Netzgekoppelte Wechselrichter, wie sie in den meisten PV-Anlagen zum Einsatz kommen, passen sich in Frequenz und Phasenlage dem Versorgungsnetz an. Sie synchronisieren sich auf das Netz, um die Solarenergie dort einzuspeisen. Für unterbrechungsfreie Stromversorgungen und sonstige autark betriebenen Systeme verwendet man hingegen so genannte Inselwechselrichter, die Frequenz (und Spannung) des erzeugten Wechselstromes von sich aus vorgeben und damit in der Lage sind, die Funktion des Netzbildners zu übernehmen.

Zerhackerschaltung

Die Funktionsweise eines Wechselrichters lässt sich am besten analog zu seiner technischen Entwicklung erklären: Beginnend mit dem rein mechanischen Kontaktwechselrichter, endend bei modernen Wechselrichtern auf Halbleiterbasis. Der Kontaktwechselrichter basiert auf dem Prinzip des Wagnerschen Hammers - ähnlich wie die früher verwendeten Pausenklingeln: Ein Relais wird in Schwingung versetzt, indem es seinen Erregungsstrom bei Anzug selber unterbricht. Es fällt ab, schaltet dadurch den Erregungsstrom wieder ein und der Vorgang beginnt von Neuem [Abb.1].

Abb. 1: Wagnerscher Hammer

Anstatt die Glocke der Klingel zu schlagen, kann das Relais aber auch die Polarität der Ausgangsspannung umschalten - fertig ist die Zerhackerschaltung [Abb.2]. Die Frequenz der Ausgangsspannung ergibt sich dabei aus der Trägheit des Relais, die mit Hilfe einer Schwungmasse verändert werden kann. Aufgrund diverser Nachteile wie dem hohem Verschleiß, starker Geräuschentwicklung sowie Störemissionen aufgrund von Kontaktfunken sind derartige Wechselrichter aber schon lange nicht mehr im Einsatz - ganz abgesehen von der beschränkten Nutzbarkeit der erzeugten Rechteckspannung.

Abb. 2: Zerhackerschaltung

Eine technisch interessante Weiterentwicklung war noch der so genannte Turbowechselrichter, der für die batteriegespeiste Beleuchtung von Eisenbahnwagons eingesetzt wurde: Die Relaiskontakte wurden hierbei ersetzt durch einen leitfähigen Strahl aus flüssigem Quecksilber, der in einem geschlossenen Gehäuse rotiert und dabei abwechselnd zwei Kontaktpunkte überstreicht [Abb. 3].

Abb. 3: Turbowechselrichter

H-Brückenschaltung

Der entscheidende Durchbruch kam mit der Entwicklung der Halbleitertechnik: Leistungstransistoren als elektronische Schalter ermöglichten die Konstruktion von deutlich effizienteren Geräten - ohne Funkenbildung, Geräusche und mechanischen Verschleiß. Die dabei verwendete H-Brückenschaltung bildet bis heute die Grundlage jedes Wechselrichters [Abb.4]: Vier Halbleiterschalter öffnen und schließen dabei abwechselnd paarweise über Kreuz, so dass sich die Polarität der mittleren "Brücke" jedes Mal umkehrt. Die zeitliche Steuerung der Halbleiter bestimmt dabei die Frequenz der Umpolung und damit der ausgangsseitigen Wechselspannung: Im einfachsten Fall wird 100 Mal pro Sekunde zwischen den Schaltzuständen "A+D offen" und "B+C offen" umgeschaltet - es ergibt sich eine Rechteckwechselspannung von 50 Hz.

Abb. 4: H-Brückenschaltung

Auf diese Weise funktionierten die ersten Halbleiter-Wechselrichter, die Thyristoren als Schaltelemente einsetzten und sich schnell als robust und zuverlässig erwiesen. Durch die Weiterentwicklung der Halbleitertechnik ist inzwischen aber wesentlich mehr möglich. Moderne Leistungstransistoren haben maximale Schaltfrequenzen von mehreren 10.000 Hz, können also erheblich schneller schalten, als für die Ausgangsfrequenz von 50 Hz erforderlich wäre. Genau das macht man sich mit der Technik der Pulsweitenmodulation zu Nutze: Eine wesentlich schneller getaktete Brückenschaltung erzeugt viele kurze Spannungspulse[2] von unterschiedlicher Dauer (Pulsweite), die im zeitlichen Mittel das gewünschte Ausgangssignal ergeben. Der gepulsten Spannung lässt sich somit jede beliebige Signalform aufmodulieren - selbstverständlich auch der gewünschte Sinusverlauf [Abb.5]. Eine Drosselspule glättet das aus kurzen Pulsen zusammengesetzte Signal (Tiefpassfilter) - das Ergebnis ist eine saubere, sinusförmige Wechselspannung. Um die geforderte Spannungshöhe (230, 400 oder 20.000 Volt) zu erreichen, ist der Wechselrichterbrücke in der Regel ein Transformator nachgeschaltet. Dieser sorgt zusätzlich für eine galvanische Trennung von DC- und AC-Netz. Es gibt aber auch transformatorlose Wechselrichter: Die Geräte sind kleiner, entsprechend leichter und erreichen etwas bessere Wirkungsgrade. Die gewünschte Höhe der Ausgangspannung wird hier über einen Hochsetzsteller[3] erreicht, der der Wechselrichterbrücke vorgeschaltet ist.

[2] Die meisten Solar-Wechselrichter sind spannungsgeführt, da sie in das Stromnetz mit seiner vorgegebenen Netzspannung einspeisen. Korrekter Weise wird hier der sinusförmige Wechselstrom aus kurzen Strompulsen zusammengesetzt

[3] Elektronische Schaltung zur Erhöhung von Gleichspannungen

Abb. 5: Das Prinzip der Pulsbreitenmodulation

Schwerpunkt: Photovoltaik

Wie bereits erwähnt ist die solare Stromerzeugung in den letzten Jahren zum wichtigsten Markt für Wechselrichter geworden. Gleichzeitig wurden PV-Wechselrichter deutlich weiterentwickelt und haben ein hohes technisches Niveau erreicht. Nach einer kurzen Beschreibung der aktuellen PV-Technik werden im Folgenden die wichtigsten Anforderungen an einen PV-Wechselrichter erläutert.

Abb. 6: Das Innenleben eines modernen Wechselrichters

Grundlagen

Die Solarzellen werden zu etwa 1,3 x 1,9 Meter großen Modulen zusammengefasst und liefern bei entsprechender Bestrahlung eine Gleichspannung, die in einem angeschlossenen Stromkreis einen Gleichstrom treibt und so genutzt werden kann. Der Wechselrichter wandelt diesen Gleichstrom in netzüblichen Wechselstrom (z. B. 50 Hz / 230 V für das deutsche Niederspannungsnetz) und speist ihn gegen Bezahlung in das Versorgungsnetz ein. Viele Länder haben gesetzliche Regelungen für Vergütung des Solarstroms, um die umweltfreundliche Stromerzeugung aus Sonnenlicht zu fördern. Die meisten dieser Fördermaßnahmen laufen über 20 Jahre, so dass Solaranlagen mindestens für eine solche Betriebsdauer ausgelegt sind. Es gibt unterschiedliche Typen von Solarzellen, die sich in Preis und Energieausbeute deutlich unterscheiden. Auch bei den Wechselrichtern stehen - je nach Anlagengröße - mehrere Konzepte zur Wahl: Vom Modulwechselrichter (Leistung entsprechend dem einzelnen Solarmodul) über den klassischen Stringwechselrichter (Leistung 2,5 bis 11 kW) bis hin zu Zentralwechselrichtern (Leistung 100 - 1.200 kW) mit denen fußballfeldgroße PV-Kraftwerke betrieben werden. Sie speisen die Energie zum Teil direkt in das Mittelspannungsnetz ein - mit einer Spannung von 20.000 Volt. Die Planung und Auslegung einer Solarstromanlage ist dabei ein komplexes Thema: Auswahl und Verschaltung der Module und Wechselrichter, zentraler oder dezentraler Anlagenaufbau - es gibt zahllose Varianten, aus denen das jeweilige Optimum gefunden werden muss. Die Aufgaben des Wechselrichters sind in jedem Fall vielfältig.

DC-Trennvorrichtung

Das Besondere an Solarmodulen ist, dass sie bei Lichteinfall grundsätzlich unter Spannung stehen. Selbst ein eventueller Kurzschluss ändert daran nichts, denn Kurzschluss- und Leerlaufspannung von Solarmodulen unterscheiden sich aufgrund des hohen Innenwiderstandes nur geringfügig. Mann kann ein Solarmodul also nicht abschalten - es sei denn, man verdunkelt es vollständig. Werden aber die Kabelverbindungen unter Last getrennt, können gefährliche Lichtbögen entstehen, die aufgrund des Gleichstromes nicht verlöschen[4]. Um gefahrlos am Wechselrichter arbeiten zu können, ist daher für jede Solaranlage ein DC-seitiger Trennschalter vorgeschrieben: Er kann den Wechselrichter auch unter Last von den Solarmodulen abkoppeln. Dieser spezielle Trennschalter kann direkt in den Wechselrichter integriert werden, was den Installations- und Verkabelungsaufwand deutlich verringert.

[4] Bei Wechselstrom kann der Lichtbogen im Sinus-Nulldurchgang leicht verlöschen

MPP-Tracking

Die zweite gleichstromseitige Herausforderung hängt mit der Strom-Spannungs-Kennlinie der Solarmodule zusammen. Diese ist nicht konstant, sondern abhängig von der Zellentemperatur, der Einstrahlungsstärke und dem verwendeten Solarzellentyp. Stärkere Einstrahlung erhöht dabei die Stromstärke bei nahezu gleichbleibender Spannung. Eine höhere Zellentemperatur verringert hingegen die Spannung bei etwa gleichbleibender Stromstärke. Diese Nichtlinearitäten erfordern eine ständige Leistungsanpassung zwischen Wechselrichter und den Solarmodulen. Multipliziert man die Strom- und Spannungswerte der "aktuell gültigen" Kennlinie, erhält man die entsprechende Leistungskennlinie. Sie besitzt ein Maximum, den so genannten Maximum Power Point, kurz MPP. Er repräsentiert diejenige Kombination aus Strom- und Spannungswerten, bei der das Modul aktuell die größte Leistung liefert [Abb. 7]. Der Wechselrichter hat die Aufgabe, durch die gezielte Veränderung seines Innenwiderstandes die Solarmodule ständig im MPP halten. Das Verfahren nennt sich MPP-Tracking und besteht darin, in regelmäßigen Zeitabständen den Innenwiderstand zu verändern und die resultierende Leistungsänderung zu beobachten. Bei einem Leistungsanstieg wird der neue Innenwiderstand und damit die neue MPP-Spannung übernommen - andernfalls bleiben die Werte unverändert.

Abb. 7: Strom-Spannungs-Diagramm und MPP bei unterschiedlicher Einstrahlungsintensität

Umwandlungswirkungsgrad

Nun geht es darum, den solar erzeugten Gleichstrom möglichst vollständig in Wechselstrom zu verwandeln. Dazu muss die Brückenschaltung optimal getaktet werden, sämtliche Komponenten (Leistungshalbleiter, Spulen, Kondensatoren) müssen von höchster Qualität und perfekt aufeinander abgestimmt sein. Der Weg zu den heute erreichten 98,X Prozent beim Wirkungsgrad war entsprechend lang - der letzte große Schritt bestand in der Entwicklung der so genannten H5-Topologie durch SMA. Dahinter verbirgt sich eine entscheidende Verbesserung der bereits beschriebenen, klassischen Wechselrichterbrückenschaltung (H4-Topologie). Ein fünfter Halbleiterschalter zwischen Eingangskondensator und Brücke verhindert ein verlustbehaftetes Pendeln elektrischer Ladung und verringert die Verlustleistung noch einmal deutlich.

Temperaturmanagement

Wichtig für den Umwandlungswirkungsgrad ist auch das Temperaturmanagement des Wechselrichters. Denn selbst bei einem Wirkungsgrad von 98 Prozent fällt noch Einiges an Abwärme an: Bei einem 10 kW Gerät sind es immerhin 200 Watt an Wärmeleistung, bei einem Zentralwechselrichter mit 630 kW Nennleistung sind die 2 Prozent Wärmeverlust stattliche 12.600 Watt. Steigt die Temperatur im Geräteinneren zu stark an, verändert sich das Verhalten von empfindlichen Bauteilen bis hin zu ihrer Zerstörung. Daher wird die Leistung des Wechselrichters automatisch heruntergeregelt und der MPP des Solargenerators verlassen. Ein großzügiges Kühlgebläse würde  den Energieertrag jedoch ebenfalls mindern. Entscheidend ist daher ein intelligentes Kühlkonzept, bestehend aus der optimalen räumlichen Anordnung aller Komponenten und einem effizienten und angemessen dimensionierten Gebläse [Abb. 8]. Derartig konstruierte Wechselrichter arbeiten bei Temperaturen von bis zu 50 Grad Celsius bei Nennleistung - und vollem Energieertrag.

Abb. 9: OptiCool: Das Kühlkonzept von SMA Wechselrichtern

Gehäuse

Trotz der notwendigen Kühlung benötigen PV-Wechselrichter in der Regel ein wetterfestes Gehäuse (Optimum: Schutzklasse IP65), das die ungeschützte Außenmontage an beliebigen Orten erlaubt. Das ist sinnvoll für große Freifeldanlagen, aber auch für die Solaranlage auf dem eigenen Dach. Denn durch die Montage des Wechselrichters in der Nähe der Module lässt sich die Länge der teuren und aufwändigen DC-Verkabelung reduzieren. (Aufgrund der meist großen Stromstärken im Gleichstromkreis sind hier größere Kabelquerschnitte erforderlich, um die Leistungsverluste gering zu halten[5].)

[5] Die Verlustleistung steigt quadratisch mit der Stromstärke: P=RxI2

Netzüberwachung

Zu den Aufgaben des Wechselrichters gehört auch die Überwachung des Versorgungsnetzes, in das der Solarstrom eingespeist werden soll. Damit sich niemand bei  Arbeiten am vermeintlich spannungsfreien Netz verletzt, müssen sämtliche Energiequellen - also auch einspeisende Wechselrichter - jederzeit vom Netz getrennt werden können. Die VDE-Norm 126.1.1 schreibt genau vor, wie das Netz überwacht werden muss (dreiphasige Spannungsüberwachung, Frequenz- und Impedanzmessung) und wie die Trennvorrichtung auszusehen hat: Doppelt ausgeführt und in Reihe geschaltet muss sie den Wechselrichter innerhalb weniger Millisekunden vom Netz trennen. Übrigens auch dann, wenn die gemessenen Netzparameter oberhalb der zulässigen Grenzen liegen: Wenn die Netzfrequenz aufgrund eines Leistungsüberangebots zu stark ansteigt, trennt sich der Wechselrichter ebenfalls vom Netz. Erschwert wird die Netzüberwachung dadurch, dass weltweit unterschiedliche Richtlinien, Normen und Netzanschlussbedingungen gelten, die der Wechselrichter erfüllen muss.

Anlagenüberwachung

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser - dieser Leitsatz gilt auch für PV-Anlagen. Zwar haben sie kaum bewegliche Teile und unterliegen praktisch keinen Verschleiß. Dennoch gibt es Faktoren, die die Leistung der Anlage negativ beeinflussen: So können einzelne Solarmodule verschmutzt oder beschädigt sein, durch Spannungs- oder Frequenzschwankungen im Versorgungsnetz kann es zu kurzzeitigen Abschaltungen kommen - im schlimmsten Fall sogar regelmäßig. All diese Dinge können zu deutlichen Ertragsausfällen führen, wenn sie über längere Zeit unbemerkt bleiben. Eine kontinuierliche Überwachung der Anlage ist daher wichtig und empfehlenswert. Der Wechselrichter muss dafür über mindestens eine Kommunikationsschnittstelle verfügen, an der sämtliche elektrischen Parameter der DC- und AC-Seite (Spannung, Stromstärke, Leistung...) zur Verfügung stehen. Meist sind aber noch wesentlich mehr Werte abrufbar, bis hin zum Isolationswiderstand oder der Anzahl der Einschaltvorgänge. Zur Kommunikation dient ein Netzwerkanschluss, ein Industriebus wie RS485 oder bei neuen SMA Geräten eine drahtlose Bluetooth®-Schnittstelle der Klasse 1 (Reichweite bis 100m im Freifeld). Zusammen mit den Messwerten externer Sensoren werden die Daten von einem zusätzlichen Datenlogger abgerufen, aufbereitet, archiviert und über einen Netzwerkanschluss zur Verfügung gestellt. Über eine bestehende Internetverbindung (ggf. auch per GSM) können die Daten an ein entsprechendes Datenportal übertragen werden, von wo aus sie weltweit abrufbar sind.

Degression

Eine ganz andere Anforderung an den Wechselrichter resultiert aus der Marktsituation, genauer gesagt aus den (zumindest in Deutschland) jährlich sinkenden Vergütungssätzen für Solarstrom. Das höchst erfolgreiche und inzwischen von 47 Ländern übernommene Prinzip des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) sieht vor, dass Betreiber von Solaranlagen über 20 Jahre einen festen Preis für jede Kilowattstunde erzeugten Strom erhalten, dessen Höhe vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme abhängt. Dieser Vergütungssatz für neu ans Netz gehende Anlagen sinkt jährlich (Degression der Förderung). So liegt er bei Dachanlagen für 2009 acht Prozent unter dem Satz von 2008 - im Jahr 2010 wird er wieder in ähnlicher Größenordnung sinken. Die sinkende Förderung soll einhergehen mit steigenden Stückzahlen und entsprechend niedrigeren Preisen. Für die Wechselrichter und sämtliche andere Anlagenkomponenten bedeutet das: Die Preise und damit die Herstellungskosten müssen tatsächlich jedes Jahr sinken, damit sich die Installation von Solarstromanlagen weiterhin lohnt. In den vergangenen Jahren ist dies zumindest bei den Wechselrichtern[6] gelungen - bei gleichzeitig stark verbesserter Geräteleistung. Die Degression bleibt jedoch eine dauerhafte Herausforderung für alle Hersteller von Solartechnik-Komponenten.

[6] Bei den Solarmodulen führten Rohstoffengpässe 2008 zu Preissteigerungen

Kommende Herausforderungen

Neben dem politisch gewollten Preisdruck gehört die weitere Steigerung des Wirkungsgrades zu den Aufgaben, denen sich die Hersteller von Wechselrichtern stellen müssen. Ähnlich wie bei der Taktfrequenz von CPUs war hier in den letzten Jahren eine regelmäßige Steigerung zu beobachten. Die 99 Prozent-Marke wird daher wohl in absehbarer Zeit fallen. Ein ganz neues Themenfeld ist durch den inzwischen durchaus beachtlichen Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung auf die Agenda gerückt: Die Beteiligung am Netzmanagement. Hintergrund ist die komplexe Aufgabe der Netzregelung, die Leistungsangebot und Stromverbrauch ständig im Gleichgewicht halten muss - zeitlich ebenso wie räumlich. Ein zunehmender Anteil an Energieeinspeisern, die gänzlich ungesteuert arbeiten, kann die Netzsicherheit und damit die Versorgungssicherheit beeinträchtigen. Für den gewollten weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien ist es daher notwendig, dass sich zumindest die größeren Erzeugungsanlagen am Netzmanagement beteiligen. Sie müssen steuerungstechnisch an die Leitwarten der jeweiligen Versorgungsnetzbetreiber angebunden werden oder sich zumindest begrenzt von ihnen fernsteuern lassen. Entsprechende Vorschriften sind bereits zum Jahresanfang 2009 in Kraft getreten, weitere folgen in den kommenden Monaten und Jahren. Begrenzung der Wirkleistungseinspeisung, Stützung der Netzspannung durch Abgabe von Blindleistung, Einspeisung von Kurzschlussstrom im Fehlerfall - die Anforderungen sind komplex. Die Umsetzung dieser Anforderungen kann nur in den Wechselrichtern erfolgen. Ihre Bedeutung als "Herz und Hirn" jeder Solarstromanlage wird daher künftig noch zunehmen.