Gewerblicher Eigenverbrauch von Solarstrom

Informationen für Anlagenplaner

(überarbeiteter Beitrag aus 2010, Datenbasis unverändert)

Dieser Artikel wurde 2017 oder davor veröffentlicht. Die Informationen könnten veraltet sein.

Da die Erzeugungskosten von Solarstrom in vielen Fällen auch unterhalb der Gewerbestromtarife liegen, ist der Eigenverbrauch von selbst produziertem Solarstrom auch für kommerzielle Stromverbraucher von Interesse. Hinzu kommt, dass hier unter Umständen auch größere Anteile des erzeugten Solarstroms unmittelbar verbraucht werden können.

Wie groß dieser Anteil jeweils ist, hängt allerdings noch stärker vom Einzelfall ab als beim privaten Eigenverbrauch. Denn für die Leistung der PV-Anlage sind allgemeingültige Annahmen ebenso wenig möglich wie für die Höhe des Stromverbrauchs oder dessen zeitliche Verteilung über den Tag. Nach den Untersuchungen zum privaten Eigenverbrauch hat SMA auch hierzu eigene Simulationsrechnungen durchgeführt. Das Ziel bestand darin, das Eigenverbrauchspotenzial für typische gewerbliche Verbraucher abzuschätzen und die Faktoren zu ermitteln, die dabei entscheidend sind. Die Ergebnisse können interessierten Installateuren und Gewerbetreibenden als grobe Planungshilfe dienen, zeigen aber vor allem eines: Das Thema ist komplex.

Was ist Solarstrom-Eigenverbrauch?

PV-Eigenverbrauch ist der Verbrauch von PV-Energie am Ort der Erzeugung oder in unmittelbarer Nähe – entweder direkt oder zeitversetzt bei entsprechender Zwischenspeicherung. Eigenverbrauch ist für den Betrieb wirtschaftlich interessant, wenn die Kosten für die PV-Erzeugung unterhalb der Netzbezugskosten liegen, insofern bietet sich eine am betrieblichen Stromverbrauch orientierte Auslegung der PV-Anlage an. Neben der Ersparnis bei den Energiekosten macht der Eigenverbrauch gegebenenfalls auch die Verlegung zusätzlicher Leitungen zum Netzanschlusspunkt überflüssig, zudem entfallen die mit einem weiteren Energietransport im Netz einhergehenden Übertragungsverluste.
Abbildung 1 zeigt ein über 24h nahezu gleichmäßig verlaufendes Verbrauchsprofil eines Gewerbebetriebs mit einem elektrischen Jahresenergiebedarf von rund einer GWh und die Erzeugung einer 300 kWp-PV-Anlage an einem bewölkten Sommertag. Der Eigenverbrauch des Tages (grüne Fläche) entspricht dabei der Schnittmenge aus Erzeugung (blaue Fläche) und Verbrauch (graue Fläche).

Abb.1: Tagesprofil einer PV-Anlage mit 300 kWp Erzeugungsleistung und eines betrieblichen Verbrauchers mit weitgehend konstanter Last (Deutschland, bewölkter Sommertag): Über acht Stunden deckt die PV-Anlage nahezu den gesamten Strombedarf.

Abb.1: Tagesprofil einer PV-Anlage mit 300 kWp Erzeugungsleistung und eines betrieblichen Verbrauchers mit weitgehend konstanter Last (Deutschland, bewölkter Sommertag): Über acht Stunden deckt die PV-Anlage nahezu den gesamten Strombedarf.

In Zeiten bestenfalls kostendeckender Netzeinspeisevergütungen besteht die wirtschaftlichste Auslegungsvariante darin, die effektive PV-Erzeugungsleistung auf den Bereich der betrieblichen Grundlast einzustellen, die erzeugte Energie also möglichst vollständig vor Ort zu verbrauchen. Die entscheidende Kenngröße hierfür ist die Eigenverbrauchsquote, also der Anteil der vor Ort verbrauchten PV-Energie an der gesamten PV-Erzeugung. Die Eigenverbrauchsquote lässt sich für beliebige Zeiträume ermitteln, als Planungsgrundlage eignet sich aber vor allem der Jahresmittelwert, der auch jahreszeitliche Schwankungen in Verbrauch und Erzeugung berücksichtigt.

Welche Faktoren bestimmen die betriebliche Eigenverbrauchsquote?

Grundsätzlich sind die Einflussgrößen die gleichen wie auch beim Eigenverbrauch in Privathaushalten: Der eigene Energiebedarf, die Energieerzeugung der PV-Anlage und natürlich das Lastprofil, also die zeitliche Verteilung des Energiebedarfs. Die Besonderheit bei gewerblichen Verbrauchern liegt aber in der großen Schwankungsbreite dieser Größen, die generelle Aussagen zu „typischen“ Eigenverbrauchsquoten nahezu unmöglich macht.

Die wichtigste Einflussgröße ist dabei eindeutig das Verhältnis von erzeugter und benötigter Energiemenge, denn es grenzt die erzielbare Eigenverbrauchsquote grundsätzlich ein: Ist der Energiebedarf ausreichend groß, können nennenswerte Anteile des erzeugten Solarstroms direkt verbraucht werden – selbst dann, wenn die zeitlichen Schwerpunkte von Verbrauch und Erzeugung weniger gut übereinstimmen. Überwiegt dagegen die Solar-Energie aufgrund einer überproportional großen Erzeugungsleistung, wird in jedem Fall nur ein kleiner Teil davon unmittelbar genutzt – der Rest fließt gegen eine geringe Vergütung ins öffentlichen Netz, die lediglich zur Kostendeckung beiträgt.
An zweiter Stelle kommt das jeweilige Lastprofil: Da die zeitliche Verteilung der PV-Leistung in engen Grenzen vorgegeben ist, bestimmt es nahezu allein, wie gut Erzeugung und Verbrauch im Tagesverlauf übereinstimmen. Damit hat es einen durchaus beachtlichen Einfluss auf die Eigenverbrauchsquote – allerdings nur dann, wenn Erzeugungsleistung und Energiebedarf in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.
Weitere Faktoren sind auf der Erzeugungsseite zu finden, vor allem der Standort und die Ausrichtung der PV-Anlage. Bekanntlich wirken sich beide auf die Höhe des Energieertrags aus, aber nicht nur das: Auch die für den Eigenverbrauch wichtige Verteilung des Energieertrags über den Tag wird hierdurch beeinflusst. So verschiebt sich der Erzeugungsschwerpunkt bei westlicher Ausrichtung des PV-Generators zeitlich nach hinten, während er bei östlicher Ausrichtung früher am Tag zur Verfügung steht. Bei einem Gewerbe mit überwiegendem Energiebedarf in den Abendstunden könnte allein die Westausrichtung bereits zu einer rund sieben Prozent höheren Eigenverbrauchsquote führen. Eine bewusste Westausrichtung des PV-Generators aus diesem Grund wäre allerdings gegen den energetischen Minderertrag von etwa 15 Prozent im Jahresschnitt abzuwägen. Beim Standort der PV-Anlage kommt es ebenfalls nicht nur auf die Höhe des spezifischen Energieertrages an. Auch die typischen Einstrahlungsverhältnisse (beeinflusst durch Wind, Wolken, morgendlichen Nebel etc.) können sich stark unterscheiden und damit die Eigenverbrauchsquote um einige Prozentpunkte verändern.

Der Eigenverbrauch nach Lastprofilen

Für eine grobe Übersicht der erzielbaren Eigenverbrauchquoten für unterschiedliche Gewerbe ist es sinnvoll, zunächst von den Lastprofilen auszugehen. Denn nahezu jedes Gewerbe lässt sich zumindest grob einem Standardlastprofil des BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) zuordnen, während Anlagenleistung und Energiebedarf völlig unabhängig davon variieren können. Diese Lastprofile werden auch von den Energieversorgern für Planungszwecke verwendet. Jedes einzelne unterscheidet außerdem Werktage, Samstage und Sonntage sowie unterschiedliche Jahreszeiten (hier nicht dargestellt). Mit dieser Einteilung versucht man einerseits die jahreszeitlichen Verbrauchsschwankungen, andererseits die unterschiedlichen Wochenlastprofile abzubilden. Ordnet man nun gewerbliche Stromverbraucher diesen Lastprofilen zu, lässt sich für jedes einzelne der Prozentbereich der möglichen Eigenverbrauchsquote angeben (Abb.2). Dabei fällt auf, dass sich die Wertebereiche weitgehend überschneiden – Ursache ist der bereits erwähnte große Einfluss der jeweiligen Anlagenleistung und des individuellen Energiebedarfs.
Dennoch sind die Auswirkungen der unterschiedlichen Lastprofile erkennbar. Beispiel Milchviehhaltung (Profil L1): Hier wird vor allem morgens und abends Energie benötigt – für die Melkmaschinen und das sofortige Herunterkühlen der frischen Milch. Da Solar-Anlagen zu diesen Zeiten naturgemäß wenig Energie zur Verfügung stellen, sind die erzielbaren Eigenverbrauchsquoten mit 20 bis 70 Prozent etwas geringer als bei einem durchgehenden Gewerbebetrieb (Profil G3). Hierunter fällt zum Beispiel auch ein Supermarkt mit seinen diversen Kühltheken, die rund um die Uhr Energie benötigen – sieben Tage die Woche, auch samstags und sonntags. Je nach Energiebedarf und Erzeugungsleistung sind bei diesem Profil Eigenverbrauchsquoten von bis zu 100 Prozent realistisch. Das Lastprofil G4 umfasst typische Ladengeschäfte sowie Kauf- und Möbelhäuser. Hier „fehlt“ der Verbrauch am Sonntag, wodurch sich die maximal mögliche Quote auf 90 Prozent reduziert.

Eine Optimierung des Lastprofils zur Steigerung des Eigenverbrauchs ist bei gewerblichen Verbrauchern zwar vorstellbar, aber meist sehr kompliziert. In der Regel dürfen Produktionsprozesse nicht gestört und betriebliche Abläufe nicht verändert werden. Davon abgesehen kosten zusätzliche Speicherlösungen (für Druckluft, Wärme, Kälte etc.) meist deutlich mehr, als die Erhöhung der Quote wieder einspielen kann. Dennoch kann es im Einzelfall sinnvolle Lösungen geben, zum Beispiel bei der Lüftung von Industriekomplexen: Hier könnte die vorhandene Steuerung der Lüftungsanlage entsprechende Signale einer PV-Anlage (sowie des Energieverbrauchszählers) berücksichtigen.

Abb. 2: Erzielbare Eigenverbrauchsquoten kommerzieller Stromverbraucher nach Standardlastprofilen

Eigenverbrauchsquoten für einzelne Gewerbe

Die relativ großen Wertebereiche für die einzelnen Lastprofile nützen für eine planerische Abschätzung natürlich wenig. Um genauere Eigenverbrauchsquoten für ein Gewerbe zu ermitteln, müssen neben dem Lastprofil auch die PV-Leistung sowie der Energiebedarf berücksichtigt werden, denn das Verhältnis dieser beiden Größen bestimmt den Eigenverbrauch maßgeblich. Das Ergebnis ist in den Abbildungen 3a und b dargestellt: Hier sind die sechs betrachteten Lastprofile noch einmal aufgeführt und jeweils um ein weiteres Diagramm ergänzt. Abhängig von der PV-Leistung und dem jährlichen elektrischen Energiebedarf ist die erzielbare Eigenverbrauchsquote direkt ablesbar. Zwei Beispiele: Ein Milchviehbetrieb (Profil L1) mit einem Jahresbedarf von 50.000 kWh und einer PV-Anlage mit 30 kW Peakleistung kann mit etwa 55 Prozent Eigenverbrauch rechnen. Bei einem werktags produzierenden Gewerbe (Profil G1) mit 1.000.000 kWh Bedarf und einer PV-Anlage mit 200 kWp beträgt die erzielbare Quote hingegen 85 Prozent.

Abb. 3a: Erzielbare Eigenverbrauchsquoten für unterschiedliche Lastprofile (Südausrichtung, Standort Kassel)

Die ablesbaren Prozentwerte dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es einige Unsicherheitsfaktoren gibt, die das Ergebnis beeinflussen. So entspricht das tatsächliche Verbrauchsprofil eines Gewerbes nie exakt einem der Standardlastprofile – die Wahl eines Profils ist daher immer mit einer gewissen Unschärfe verbunden. Kritisch für den Eigenverbrauch sind auch große Lasten mit kurzer Einschaltdauer: Hiermit wird die momentan verfügbare PV-Leistung leicht überschritten – dennoch sind sie auf einem Standardlastprofil nicht erkennbar. Auch die weiter oben erwähnten Einflüsse der Anlagenausrichtung und des Standortes sorgen für eine gewisse Unschärfe bei den Ergebnissen.

Abb. 3b: Erzielbare Eigenverbrauchsquoten für unterschiedliche Lastprofile (Südausrichtung, Standort Kassel)

Energiebedarf und Strompreis

Ob sich der Eigenverbrauch von Solarstrom im Vergleich zur herkömmlichen Einspeisung lohnt, hängt fast ausschließlich vom Preis des Bezugsstroms ab: Übersteigt er die Solarstrom-Erzeugungskosten, wird der Eigenverbrauch finanziell attraktiv. Der Bezugsstrompreis orientiert sich allerdings stark an der Höhe des Stromverbrauchs: Während kleine Ladenlokale und Büros in der Regel mindestens 20 Cent netto zahlen, sind für industrielle Großverbraucher auch Preise von weniger als 12 Cent pro Kilowattstunde üblich. Der Vorteil der meist höheren Eigenverbrauchsquote bei Großverbrauchern wird also durch die geringere Marge beim Eigenverbrauch gemindert.
Die eindeutige Zuordnung eines Gewerbes zu einem Lastprofil, einer Energiebedarfskategorie und einem typischen Strompreis ist aber letztlich unmöglich: Es gibt eben kleine und riesengroße Supermärkte, unterschiedlich große Landwirtschaftsbetriebe und individuelle Sondertarife beim Bezugsstrom. Speziell die regelmäßig bezogene Energiemenge lässt sich aber schon beim ersten Gespräch mit einem potenziellen Anlagenbetreiber leicht in Erfahrung bringen – ein Blick auf die letzten Stromrechnungen sollte hierfür genügen.

Fazit

Angesichts der komplexen Zusammenhänge stellt das Thema „Eigenverbrauch“ den Anlagenplaner vor einige Herausforderungen. Es bietet ihm aber auch die Chance, sich mit einer professionellen und fundierten Beratungsdienstleistung zu profilieren. Denn gerade wegen der großen Bandbreite an Situationen bietet sich kommerziellen Stromverbrauchern beim Thema Eigenverbrauch eine Vielzahl von Möglichkeiten. Mit der SMA Planungs- und Simulationssoftware Sunny Design steht ihm dafür ein hilfreiches Werkzeug zur Verfügung.
Bestimmend für den Eigenverbrauch ist vor allem das Verhältnis von Anlagenleistung und Energiebedarf, erst in zweiter Linie das jeweilige Lastprofil. Die Ergebnisse der Simulationsrechnung machen auch deutlich, dass betriebliche Verbraucher generell höhere Eigenverbrauchsquoten erzielen können als Privathaushalte. Damit ist der Eigenverbrauch in vielen Fällen attraktiv, zumal mittelfristig mit steigenden Strompreisen zu rechnen ist, wodurch der finanzielle Anreiz noch größer wird. In jedem Fall könnte der Eigenverbrauchsvorteil ausschlaggebend dafür sein, eine PV-Anlage an einem Verbrauchsschwerpunkt zu installieren und damit das Stromnetz zu entlasten.

Hintergrund: Optimierte Auslegung von PV-Anlagen zur betrieblichen Solarstromnutzung

Die Grafik verdeutlicht anhand von Beispieltagen im Jahresverlauf, warum eine energetisch sinnvolle Anlagenauslegung nur mit der Kenntnis von Jahreslast- und Erzeugungsprofilen möglich ist:
Bild A (Juni sonnig) zeigt die maximale PV-Erzeugungsleistung, die die Grundlast deutlich übersteigt. Die überschüssige Energie wäre für flexible betriebliche Lasten und Speicher oder eine Drosselung der Erzeugungsleistung aus Kraft-Wärme-Kopplung verfügbar. Ansonsten wird der überschüssige Strom ins Netz gespeist, falls keine Begrenzung der Einspeiseleistung vorliegt.
Bild B zeigt, dass die Erzeugungsleistung an einem bewölkten Sommertag aber auch unterhalb der Grundlast liegen kann, was eine Eigenverbrauchsquote von 100 Prozent zur Folge hat. Im Vergleich zu Bild C und D erkennt man zudem den großen Einfluss der Jahreszeit auf die PV-Erzeugung.
Bild C zeigt darüber hinaus, dass die PV-Anlage in der hier gewählten Dimensionierung selbst in der Übergangszeit noch einen relevanten Teil des elektrischen Energiebedarfs deckt.
Für die Planung und Simulation einer energetisch sinnvollen Auslegung stellt SMA die webbasierte Softwarelösung Sunny Design zur Verfügung. Das kostenlose Programm bietet auch die Möglichkeit, eigene Jahreslastprofile zu verwenden.

Abb. 4: Abhängigkeit der PV-Erzeugung von Wetter und Jahreszeit